AM83 – Brief an Walter Gropius
Toblach, Samstag, 15. Juli 1911
15ten
Mein Liebstes.
So – heute hat meine göttliche Ruhe ein Ende. Von Kühen zertreten! – Aber glaube nicht, dass ich resignire – dazu bin ich zu jung und frisch. Mir geht es sehr gut – ich fühle mich so ruhig – so beruhigt[.] —
So schlecht es klingt — hat mein Leben in einer Weise aufgebraucht und beunruhigt – dass ich erst jetzt wieder langsam das Leben anfange, dass [!] ich vor 9 Jahren beendet.
Ich gehe vor mich hin — arbeite den ganzen Tag.
Spiele Clavier – lese – gehe ein bischen – kurz[,] habe so viel, was ich liebe und was mich interessirt – nie wird mir eine Stunde zu lang. – Durch und seine Lä\r/mempfindlichkeit war ich fortwärend in Angst vor irgendeiner Störung – collossal vereinfacht ist mein Leben. Und doch habe ich ihn unendlich lieb gehabt. Aber mehr so – wie ein großes unbeholfenes Kind. — Liebes Herz[.]
Schreibe weiter so viel und lieb.
Deine
Apparat
Überlieferung
, .
Quellenbeschreibung
1 Bl. (2 b. S.) – Briefpapier.
Beilagen
Umschlag, , – Berlin-Wilmersdorf | Nicolsburgerstraße 4. G. IV | Herrn Walter Gropius; PSt. (lt. , S. 531, Nr. 112): TOBLACH 2 | 16 | 7 | 1 N | 11 | c; von WG mit einer 7 versehen (Zur Nummerierung von Alma Mahlers Briefumschlägen).
Druck
, S. 438, bei Anm. 43 (Auszug), , S. 1224, bei Anm. 328 (Auszug in engl. Übersetzung).
Korrespondenzstellen
keine.
Datierung
Schreibdatum: „‚15ten‘ Juli 1911“ (, S. 438, Anm. 43), „15 (July 1911)“ (, S. 1224, Anm. 328).
Datiert durch AM und Poststempel: 15ten Juli 1911.
Übertragung/Mitarbeit
(Pia Schumacher)
Ruhe ein Ende – durch den Besuch der Familie Rosé, s. AM82 vom 14. Juli 1911.
Ursprünglich: aufgeg.
vor 9 Jahren – und hatten am 9. März 1902 geheiratet.
arbeite – wahrscheinlich an ihren Liedern, s. AM16 vom 10. August 1910: Lieder und AM57 vom 18. Januar 1911: Meine Lieder sind in Wien herausgekommen. Siehe Themenkommentar: Alma Mahlers publizierte Lieder.